Entflammt für Chili-Rezepte? Die feurigen Schoten überzeugen uns in der Küche und im Garten. Sie treiben uns dabei nicht nur Tränen in die Augen, sondern lassen auch weltweit die Sammlerherzen höherschlagen.
Mit dem richtigen Fingerspitzengefühl findet jeder Liebhaber die perfekte Sorte und mit einem der Klassiker unter den Chili-Rezepten, der Sweet-Chili-Soße, können Sie die Schoten gebührend zelebrieren.
Chilis sind aus zahlreichen Gründen sehr beliebt: Die einen packt der Ehrgeiz, die schärfste Frucht der Welt zu züchten. Das ist derzeit (noch) die Sorte ‘Carolina Reeper’. Die anderen suchen den Kick, indem sie auf Wettbewerben immer schärfere Chilis essen. Manchen reicht es aber auch schon, die schärfste Sorte im eigenen Garten zu ziehen, quasi die „Horror-Chili“, vor der alle in Ehrfurcht erblassen, die aber keiner zu essen wagt. Denn wirklich essbar sind diese Schärfsten aller Scharfen nicht mehr, auch nicht in einem gut zubereiteten Chili-Rezept.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe 09/19. Sie möchten die gesamte Ausgabe lesen?
Jetzt als E-Paper bestellen>>Diese feurige Eigenschaft interessiert mich bei Chilis nur am Rande. Spannender finde ich die unterschiedlichen Fruchtformen und -farben. Und dann entbrennt schnell das Sammelfieber, und die vielen Samentütchen füllen bald einen Schuhkarton. Meine Dauerbrenner säe ich jedes Jahr aus, dazu zwei, drei neue Sorten – auch für verschiedene Chili-Rezepte.
So habe ich beispielsweise jedes Jahr eine Auslese aus einer Karibischen Mischung, die angenehm scharf und fruchtig ist, und die sogenannten Regenbogen-Chilis, die in einem Farbreigen von vier bis sechs Farben abreifen, z. B. ‘Chinese-5-Colour’.
Zu den Newcomern der letzten Jahre gehören bei mir aromatische Sorten, die sich für verschiedene Chili-Rezepte eignen. Ja, richtig gelesen: Chilis können nicht nur scharf, sondern auch zitronig (‘Aji’-Sorten), blumig (‘Trinidad Perfume’) oder fruchtig sein. Das lässt sich bei den milden bis leicht scharfen Sorten gut herausschmecken, z.B. der milden, sehr fruchtigen Habanero-Sorte ‘El Remo’.
Bei den schärferen braucht man Training, um sich erst an die Schärfe zu gewöhnen und dann das Aroma hinter der Schärfe zu entdecken. Und ja, in diesem Jahr wächst bei mir, aus reinem Interesse, auch eine ‘Bhut Jolokia’, die bis 2006 schärfste Chili der Welt. Verantwortlich für die Schärfe ist das Capsaicin, das in der ‘Bhut Jolokia’ in einer Million Scoville vorhanden ist.
Scoville ist die nach ihrem Entwickler Wilbur L. Scoville benannte Einheit, die den Gehalt an Capsaicin angibt. Das bedeutet im Fall der ‘Bhut Jolokia’, dass man das enthaltene Capsaicin einmillionenfach mit Wasser verdünnen muss, damit es nicht mehr scharf ist.
Zum Vergleich: Paprika hat 0 Scoville, eine sehr scharfe Habanero liegt bei 300.000 und reines Capsaicin bei 15 Millionen. Die eingangs erwähnte ‘Carolina Reeper’ liegt bei unglaublichen 2,4 Millionen Scoville!!! Mit einer Schärfegradskala von 0 bis 10, die auf den Scoville-Einheiten basiert, werden Chilis heute eingeteilt, wobei 0 einer Paprika entspricht und 10 einer Habanero. So weiß man schon beim Samen- oder Jungpflanzenkauf, was einen bei der Ernte erwartet.
Chili-Sorten
Damit Chilis gut gedeihen, wollen sie den Kopf in der Sonne baden und dabei warme Füße haben. Beides bekommen sie in unseren Breiten am ehesten in Hochbeeten und Töpfen. Kleinere Düngergaben, etwa einmal in der Woche im Gießwasser, können die Starkzehrer besser verarbeiten als eine große Gabe im Frühling.
Sobald sich die ersten Früchte entwickeln, brauchen Chilis viel Wasser. Hält man die Pflanzen allerdings etwas trockener, ohne dass der Ballen austrocknet, kann man noch ein Quäntchen mehr Schärfe aus den Früchten herauskitzeln. Mehrjährige Arten wie Capsicum frutescens, C. pubescens und C. baccatum können sogar überwintert werden. Bevor die Temperaturen unter 10°C fallen, holt man die Töpfe herein, schneidet sie um etwa ein Drittel zurück und stellt sie hell und kühl (bei 10 bis 20 °C) auf. Sie werden nur so viel gegossen, dass sie nicht austrocknen.
Doch vor dem Überwintern steht erst einmal die Ernte an. Die milden ‘Lombardo’- und Spiral-Chilis lege ich süß-sauer in Essig ein, ebenso wie in Scheiben geschnittene Jalapeños. Mittelscharfe Chilis wie ‘Cayenne’ und ‘Apache’ werden zu einem klassischen Chili-Rezept, der Chili-Soße, verarbeitet, entweder im süßen Asia-Style, wo Essig, Zucker und Stärke einen Teil der Schärfe reduzieren, oder in einer großzügigen Mischung mit Paprika und Tomaten. Die Aroma-Chilis werden eingefroren und frisch in die Mahlzeiten gerieben. Habaneros trockne ich und zerkleinere sie in der Küchenmaschine, damit ich sie platzsparend unterbringen kann.
Wenn Sie die Chilis in einer Küchenmaschine zerkleinern, lassen Sie dem scharfen Staub auf jeden Fall Zeit, sich zu setzen, bevor Sie den Deckel abnehmen!
Scharfe Chilis scheinen uns zu verbrennen – und so paradox es klingt, es ist tatsächlich eine Verbrennung. Das Capsaicin dockt an den Hitzerezeptoren im Mund an, löst einen Schmerz wie bei einer Verbrennung aus – und lässt jede Menge Glückshormone durch den Körper strömen. Und das kann süchtig machen: Pepper-High nennt man das auch. Doch weil man sich an den Schmerz gewöhnt, muss man dafür immer noch schärfere Chilis essen – und irgendwann sitzt man dann an einem langen Tisch und probiert sich bei einem Wettbewerb aufwärts durch Chili-Rezepte mit allen Schärfegraden …
Das Capsaicin ist nicht, wie oft vermutet, in den Kernen, sondern in den weißen Scheidewänden konzentriert. Haben Sie aus Versehen eine zu scharfe Chili erwischt, helfen nur Milchprodukte und Öl, um das fettlösliche Capsaicin zu neutralisieren.
Bei Untersuchungen an der Hochschule Fulda haben Probanden den besten Feuerlöscher bei zu scharfen Chili Rezepten ermittelt: Mascarpone mit 80 % Fett in der Trockenmasse, am besten auf ungeröstetem Toastbrot. Letzteres reibt die Schärfe von der Zunge.
Zutaten für eine Flasche:
Zubereitung:
TIPP: Etwas milder wird’s, wenn Sie eine halbe rote Paprika hinzufügen
Natalie Fassmann
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