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Urban Gardening

Kornblumen blühen auf der Wiese vor dem Elfgeschosser. Auf dem Mittelstreifen der Fahrbahn tummeln sich Bienen und Hummeln – hier hat jemand Dill, Borretsch und Phacelia ausgesät. Am Rande des ehemaligen Flugplatzes wachsen Erbsen, Tomaten, Zucchini und Erdbeeren in wundersamen, aus Resten zusammengezimmerten Hochbeeten. Überall in der Stadt wird gesät, gepflanzt und geerntet. Das Ganze nennt sich Urban Gardening, was in etwa Stadtgärtnern bedeutet.

Die Idee ist nicht neu. Schon in der Antike und im Mittelalter haben die Bürger in den Städten gegärtnert. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in vielen Städten Armengärten angelegt, um dem Hunger und der Verarmung entgegenzuwirken. Zeitgleich entstanden in Deutschland mitten in den Städten und an den Stadträndern die ersten Schrebergartenkolonien, die es auch heute noch gibt. Den Ursprung der modernen Urban Gardening-Bewegung sieht man in den New Yorker Gemeinschaftsgärten der 70er Jahre: Auf innerstädtischen Brachen wurden Gemüse angebaut und Blumenbeete angelegt. Schon damals ging es nicht vordergründig um die Selbstversorgung. Vielmehr darum, die Städte und das Leben dort schöner und besser zu machen und die Menschen zusammenzubringen.

Weltweit und auch hier in Deutschland entwickelten sich aus den Gemeinschaftsgärten weitere urbane Gartenkonzepte: Einwanderer und Einheimische treffen sich in Interkulturellen Gärten und arbeiten dort gemeinsam. Hausgemeinschaften beackern zusammen sogenannte Nachbarschaftsgärten. Etwas fällt auf: Stadtgärtner sind ausgesprochen kreativ. Sie okkupieren Straßenrandstreifen, Baulücken und sogar Dächer von Kaufhäusern oder Tiefgaragen und verwandeln sie in Blumenwiesen oder Gemüsegärten. So entstand auch auf einer über 60 Jahre lang brach liegenden Fläche am Moritzplatz in Berlin-Kreuzberg der bekannte Prinzessinengarten. Gemüse, Kartoffeln und Kräuter wachsen hier in Bäckerkisten, Reissäcken und Tetrapacks. Die Stadtgärtner mussten jederzeit mit ihrem Garten umziehen können, denn Ihnen wurden erst nur Mietverträge für ein Jahr, dann für zwei Jahre gewährt.

Kreativ sind Stadtgärtner auch bei der Wahl ihrer Pflanzgefäße. Denn die sollen am besten wenig oder gar nichts kosten. Das Zauberwort heißt Upcycling: Abfallprodukte bekommen einen neuen Nutzen – das spart nicht nur Geld, sondern auch Energie und Ressourcen. So wachsen in Konservendosen Blumen und Kräuter, in Eierkartons und Tetrapacks zieht man Gemüse an und aus Schuhregalen oder Europaletten entstehen vertikale Gärten. Doch kann man das Stadtgemüse überhaupt essen? Ja. Sagen jedenfalls die Stadtgärtner: Den Feinstaub könne man abwaschen. Die leichtflüchtigen Bestandteile der Autoabgase stiegen in die Luft auf, und die schweren Teilchen wie Dieselruß würden von Bäumen und Hecken größtenteils abgefangen. Gespritztes Gemüse oder Obst, das direkt neben der Autobahn wächst, sei womöglich stärker belastet. Die meisten Gärten liegen daher etwas abseits der großen Straßen. Schauen Sie einfach mal genauer hin: Hinter Hecken, Mauern oder Bauzäunen wartet so manche grüne Überraschung.

Monica Lietzau

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