[Foto: AdobeStock_Marcel Paschertz]

Voraussichtliche Lesedauer:  6 Minuten

Altweibersommer: Was es damit auf sich hat

Von Selina Menke

Draußen wird es langsam trüb und ungemütlich nass-kalt. Aber dann plötzlich zeigt sich der Herbst noch einmal von seiner allerschönsten und wärmsten Seite. Immer wenn er dann das Laub in goldige Orange-, Rot und Gelbtöne taucht, kommt der gängige Begriff auf. Doch was hat es mit dem sogenannten Altweibersommer auf sich? Welche Eigenheiten bringt er mit sich und wann genau beginnt er? Diesen Fragen und interessanten Mythen rund um das Thema möchten wir mit Ihnen gemeinsam auf den Grund gehen.

Was verstehen wir unter Altweibersommer?

Die Bedeutung des sogenannten Altweibersommers ist eigentlich klar: Wir sprechen davon, wenn sich der Herbst von seiner Schokoladenseite zeigt – mit reichlich Sonnenschein, blauem Himmel und hohen Temperaturen am Tag. Auch wenn die Nächte meist schon knackig-kühl anmuten, kommt tagsüber der Sommer zurück. Einige Meteorologen finden sogar, dass der Altweibersommer der einzige Sommer sei, auf den wirklich Verlass ist.

Wussten Sie eigentlich, dass diese Schönwetterperiode auch als „Frauensommer“ oder „Flugsommer“ bezeichnet wird? Und auch andere Länder haben so eine Art fünfte Jahreszeit, die den Sommer noch einmal einkehren lässt. In Nordamerika beispielsweise färben sich die Wälder, wie etwa in Kanada, in ikonische orange-rot-gelb Töne. Dort heißt das Spektakel, das bei uns Altweibersommer genannt wird, dann „Indian Summer“.

Ein Haustor in einem bunten Herbstwald im Altweibersommer [Foto: AdobeStock_PANORAMO]
Im Altweibersommer leuchtet das Laub in satten Farben und die Tage sind noch einmal sonnig und warm. [Foto: AdobeStock_PANORAMO]

Warum verfärben sich die Blätter im Herbst?

Das hat einen chemischen Hintergrund. Blätter enthalten den grünen Farbstoff Chlorophyll. Sobald die Nächte kühler werden, fahren die Bäume die Photosynthese zurück und speichern den dafür benötigten Stoff dann in den Wurzeln, Ästen und im Stamm. In den Blättern erscheinen Carotinoide und Xantophylle. Zusätzlich werden Anthocyane gebildet. Diese färben die Blätter Orange, Gelb oder Rot.

Woher hat der Altweibersommer seinen Namen?

Doch worauf ist der Name Altweibersommer genau zurückzuführen? Eine Frage, die sich heute sicherlich die meisten von uns stellen. Doch ganz so leicht lässt sie sich nicht klären, denn die Namensherkunft ist nicht nur auf eine Bedeutung zurückzuführen.

Eine allerdings naheliegende Erklärung bezieht sich auf den altdeutschen Ausdruck weiben. Der hat, auch wenn er zunächst darauf schließen lässt, nichts mit älteren Damen zu tun. Er bezeichnet vielmehr das Knüpfen von Spinnweben. Und diese feinen Fäden sind im sonnigen Herbst auf Wiesen, an Waldrändern, in Sträuchern oder auch an Herbstblühern besonders gut zu erkennen, da sich durch den Wechsel von warmen Tagen und kalten Nächten zarter Morgentau auf ihnen ablegt. Die Spinnfäden erscheinen dann wie langes silbergraues Haar im Sonnenlicht.

Und noch eine Erklärung beschreibt die sonnige Herbstphase. Im Schriftsprachlichen wurde der Altweibersommer nämlich erstmals zu Beginn des 19. Jahrhunderts erwähnt. Zu dieser Zeit teilte man das Jahr noch ausschließlich in zwei Phasen, den Winter und den Sommer. Der Frühling mit seinen Frühblühern im ersten Teil der Sommerhälfte wurde damals „Junger Weibersommer“ getauft, der Herbst hieß „Alter Weibersommer“.

Und wie ist das heute? Darf man noch Altweibersommer sagen?

Tatsächlich erzeugt die Bezeichnung nicht überall positive Reaktionen. Im Jahr 1996 klagte eine Seniorin vor dem Amtsgericht in Darmstadt, denn sie fühlte sich durch die Verwendung des Wortes vom Deutschen Wetterdienst diskriminiert. Die Klage wurde allerdings als unbegründet abgewiesen.

Wann ist Altweibersommer?

In der Regel findet der Altweibersommer irgendwann zwischen Sommer und Herbst, meistens zwischen Mitte September und Mitte Oktober, statt. Genau dann, wenn der Herbst sich schon mit sinkenden Temperaturen eingefunden hat und die Tage kürzer werden, kommt der Sommer ganz plötzlich zurück und beschert uns noch ein paar letzte sonnig-warme Tage.

Dieser Wärmerückfall am Tag wird durch ein über Osteuropa gelegenes Festlandhoch bestimmt, denn es bringt trockene Luft zu uns nach Mitteleuropa. Klare, windstille Tage und hohe Temperaturen sind das Ergebnis. Meteorologen bezeichnen den Altweibersommer als Witterungsregelfall oder auch als meteorologische Singularität.

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Altweibersommer: Spinnen und Spinnweben – Was hat es damit auf sich?

Nun scheinen Spinnfäden im Altweibersommer ein typisches Merkmal zu sein. Doch woher kommen die Spinnweben im Altweibersommer? Und woher kommen die fliegenden Spinnen? Machen Spinnen es sich etwa vor dem Herbsteinbruch noch mal richtig gemütlich und spinnen wintertaugliche Behausungen? Die Antwort ist: nein. Der Grund dafür ist vielmehr die Baldachinspinne.

Vor allem die jungen und nur wenige Millimeter großen Spinnen, aber auch die Ausgewachsenen, nutzen ihre sogenannten Flugfäden nämlich, um sich rasch und kraftsparend durch die Luft in neue Lebensräume transportieren zu lassen, was eine erfolgreiche Strategie der Verbreitung darstellt. Biologen sprechen dabei von „Ballooning“. Das funktioniert allerdings nur, wenn es warm und windstill ist.

Spinnennetze im Altweibersommer auf einer Wiese mit Morgentau [Foto: AdobeStock_Erik]
Wenn die Baldachinspinne im Altweibersommer ihre Netze spinnt, wirken die feinen Fäden in Morgentau gehüllt wie graues Frauenhaar. [Foto: AdobeStock_Erik]

Ihre Netze bauen sie häufig in Sträuchern oder Wiesen, leicht gewölbt und horizontal. Dort werden sie dann im Morgentau liegend wahrgenommen – wie ein Baldachin oder silbergraues Frauenhaar. So bietet der Altweibersommer der Baldachinspinne ideale Voraussetzungen und ihre Flugfäden sagen uns herrlich sonniges Herbstwetter voraus.

Altweibersommer: Bedeutung, Mythen und Bauernregeln

In der Geschichte gibt es Bezeichnungen für verschiedene Wetterphänomene, die oftmals mit Bauernregeln und alten Mythen verknüpft sind. So reihen sich neben den Altweibersommer beispielsweise auch die Schafskälte, die Eisheiligen oder die sogenannten Hundstage. Sie alle haben eine Gemeinsamkeit: Sie verweisen auf das Wetter und damit einhergehend auf mögliche Konsequenzen für Landwirtschaft, Mensch und Natur. Für die Landbevölkerung von früher waren sie überlebenswichtig, denn es gab keine Wetterdienste wie heute.

Die Mythen und Legenden, die sich um den Altweibersommer ranken, haben eine lange Geschichte. Sie beruhen auf Erklärungsversuchen von Phänomen, die sich die Wissenschaft vor Hunderten von Jahren noch nicht erklären konnte. So auch um die Spinnfäden und ihre Bedeutung. Oder haben Sie schon von Marienfäden, Marienhaar oder Marienseide gehört? Im Christentum hielt man die silbrig funkelnden Spinnfäden nämlich für das damit bezeichnete Garn aus Marias Mantel. Diesen soll sie laut Überlieferungen bei ihrer Himmelfahrt getragen haben.

Bauernregeln zum Altweibersommer

Wenn sich der Altweibersommer zeigt, hat dies auch immer ein wenig mit Abschied von der warmen, angenehmen Jahreszeit zu tun. Denn spätestens nach dieser kurzfristigen Rückkehr des Sommers folgt meist nasses, kaltes Herbstwetter. Das spiegelt sich auch in den Bauernregeln wider. Hier ein paar Beispiele und ihre Bedeutung:

  • Wenn viele Spinnen kriechen, sie schon den Winter riechen.“: Die Bauernregel besagt, dass der Winter naht, sobald im Altweibersommer die (Baldachin-)Spinne vermehrt auftritt. Es galt also, gut auf die kalte Jahreszeit vorbereitet zu sein.
  • „Der Altweibersommer tut nicht lange gut, und steht er auch in aller Heiligen Hut.“: Selbst wenn er bis Allerheiligen (1. November) reicht, lange hält der Altweibersommer nicht an. Der Winter naht. Das sagt diese Bauernweisheit aus.
  • „Der heilige Leopold ist dem Altweibersommer hold.“: Der Gedenktag des Heiligen Leopold ist am 15. November. Der Bauernregel zufolge ist es an diesem Tag also häufig noch spätsommerlich warm und schön.
  • „Kommt der Michel heiter und schön, wird’s vier Wochen weitergehen.“: Der Gedenktag des Heiligen Michaels ist am 29. September. Glaubt man der Bauernregel, folgen nach einem spätsommerlichen Michael-Tag also vier Wochen Altweibersommer.

Achtung: Der Kalender hat sich verschoben!

Wissen sollte man, dass die meisten Bauernregeln aus der Zeit des julianischen Kalenders stammen – einem Vorläufer des heute gebräuchlichen gregorianischen Kalenders. Sie entstanden demnach vor der Kalenderreform von 1582, an der die Zeitrechnung um elf Tage vorgestellt wurde. Aus diesem Grund treten die Wetterphänomene heute möglicherweise zeitversetzt zu den ursprünglich in Bauernregeln festgehaltenen Terminen auf.

Nun wissen Sie, was es mit dem Altweibersommer auf sich hat. Doch vielleicht interessieren Sie sich ja auch für andere Bauernregeln? Dann dürfte unser Artikel zum Thema genau das Richtige für Sie sein.

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