Gegensätze ziehen sich an – wie oft habe ich das schon gehört. Wann immer die schillernde Grazie und ihr dezent gekleideter Buchhalter-Gatte glückselig um die Ecke biegen, fällt mir dieser Satz ein. Die Verlockung liegt demnach im Unterschied, im Widerspruch – bei der Partnersuche wie in der Gartengestaltung.
Die Kunst besteht in beiden Fällen nun darin, das rechte Maß zu finden. Denn ein allzu buntes Durcheinander verschiedenster Farben, Formen oder Stile hat für kurze Zeit zwar seinen Reiz – doch findet man keine Ruhe und irgendwann wird’s anstrengend.
Setzt man dagegen ausschließlich auf Harmonie, ist Ruhe und Entspannung garantiert – bald aber auch entsetzliche Langeweile. So stelle ich mir als Beispiel ein stimmiges, pastellfarbenes Beet vor, in dem Wiesenrauten und Schönastern ihre filigranen, rosa-weißen Blütenschleier weben. Ganz hübsch, doch der Hingucker fehlt.
Da bietet sich doch der zeitgleich blühende Bärenklau (Acanthus) als willkommener Unruhestifter an. Durch seine steil auf- ragenden Blütenkerzen und sein stattliches Laub setzt der gleich in mehrfacher Hinsicht der Ödnis ein Ende – und das Ton in Ton.
Auch dezente Farbkontraste wie das silbrige Laub des Wermuts würden das Bild beleben, ohne den harmonischen Gesamteindruck zu stören. Und richtig Showtime ist angesagt, wenn plötzlich ein leuchtendes Gelb der Sonnenbraut durchs Beet tanzt. Ein echter Hingucker – der jedoch Unruhe bringt.
Damit sich dennoch ein stimmiges Bild ergibt, gilt bei solch starken Kontrasten: 1. Die Kontrastpaare sollten nicht gleichgewichtig sein – vom einen mehr, vom anderen weniger. 2. Beschränken Sie sich pro Beet auf einen einzigen starken Farbkontrast – ein Zuviel verwirrt. 3. Kontrastpaare sollen Gemeinsames haben, wie Wuchshöhe oder Blattform.
Wer auf Blütenfarben verzichten will, kann durch unterschiedlich gestaltete Formschnittgehölze Dramatik ins Bild bringen. Selbst Grün in Grün muss nicht langweilig sein. Eine Nummer kleiner sorgen verschiedene Blattschmuckstauden für Abwechslung im Beet. So ergeben die filigranen Wedel des Farns mit dem herzförmig breiten Laub der Funkien ein hübsches Duett.
Aber auch im blühenden Farbgarten spielen Form und Gestalt eine herausragende Rolle – insbesondere dann, wenn eine einzige Farbe das Bild dominiert. Ein bekanntes Beispiel ist der Weiße Garten, aus dem alles, was nicht reinweiß blüht, verbannt wird. Und so sorgt hier allein die Fülle unterschiedlicher Blütenformen für Kurzweil: die Schalen der Malve, die Schirme der Garbe, die Kugeln des Lauchs, die Wedel des Geißbarts, die Kerzen der Astilbe… Besonders spannungsreich wirken gleichfarbige Blüten, die nicht nur mit ihrer Form, sondern auch durch ihre Größe Kontrast erzeugen.
Das erzeugt Aufsehen: Kombinieren Sie Komplementärfarben miteinander! Bereits Goethe malte den bekannten Farbkreis, in dem sich Blau und Orange, Rot und Grün, Gelb und Violett genau gegenüberliegen – die komplementären Paare. Wer also die gelbe Fackellilie mit dem violetten Phlox verbandelt (großes Bild), erzielt ein Feuerwerk der Kontraste.
Mehr noch: Über die eigentliche Kontrastwirkung hinaus, erscheinen auch die Farben an sich dank des Partners viel intensiver. Denn: Ist ein Beet nur mit orangefarbenen Blumen bepflanzt, ermüdet der Teil des Auges, der die Farbe Orange wahrnimmt, sehr schnell und lässt den Eindruck verblassen. Setzt man jedoch die Komplementärfarbe Blau dazwischen, wird das Auge kontinuierlich stimuliert und nimmt beide Farben langanhaltend intensiv wahr.
Diesen Effekt machen sich auch Werbeleute zunutze: Achten Sie einmal darauf, wie häufig Fleisch vor grünem oder frischer Salat vor rotem Hintergrund angepriesen wird!
Wem der andauernde Farbreiz aufs Gemüt schlägt, kombiniert dagegen lieber harmonische Farben. Also solche, die im Farbkreis nebeneinanderliegen, wie Blau und Violett, Violett und Rot, Rot und Orange, Orange und Gelb oder Gelb und Grün. Im kleinen Bild setzen die gelblaubigen Spindelsträucher (Euonymus fortunei ‘Emerald’n Gold’) und der Gold-Trompetenbaum (Catalpa bignonioides ‘Aurea’) stimmungsvolle, aber doch sanfte Kontraste in die grüne Pracht. Und auch die rotorangefarbene Sonnenblume ‘Herbstschönheit’ wird trotz ihres heiteren, fast übermütigen Farbspiels nicht für Unruhe sorgen.
Sie mag’s lieber naturnah, wild. Er dagegen schätzt strenge Formen. So wird das Grundstück aufgeteilt, hier wirkt’s natürlich, dort eher modern. Und siehe da, es funktioniert! Denn ein Nebeneinander von unterschiedlichen Gartenstilen bedeutet Abwechslung und Kurzweil. Allerdings nur, wenn jeder Stilrichtung ausreichend Raum gewährt wird, um für sich wirken zu können. Kein Chaos, bitte!
Wenn der Garten nicht allzu groß ist, beschränken Sie sich also auf höchstens zwei, drei unterschiedliche Stile. Und: Grenzen Sie die einzelnen Bereiche deutlich voneinander ab: durch großzügige Einfassungen oder durch Wege, wie in den Bildern zu sehen.
Scharfe Kanten und harte Konturen sind in jedem Garten zu finden. Bestehen sie zudem aus derbem Stein, gar ehernem Metall, wirkt die Szenerie schnell ablehnend und kühl. Hier benötigen wir einen, sagen wir mal, Weichzeichner als Kontrastprogramm: Pflanzen und Materialien, die durch ihre zarte, weiche Struktur strenge Formen aufbrechen. Wasser, das schroffe Felsen sanft umspült, ist ein schönes Beispiel.
Wer sich nicht gleich einen Bachlauf in den Garten legt, kann mit verschiedenen Gräsern ähnliche Effekte erzielen. Zum Beispiel wenn sich Federgras (Stipa tenuissima) über die scharfkantigen Zähne einer Wegedecke neigt oder Silber-Ährengras (Stipa calamagrostis) lässig einen massiven Stein umspielt.
Kerstin Ackermann