Die Blüten der Bergenie sind klein, zierlich und trotzdem wunderschön. Quelle: pixabay

Voraussichtliche Lesedauer:  5 Minuten

Die Rückkehr der fast vergessenen Bergenie

Von GartenFlora

Es gibt vermutlich ein Dutzend gute Gründe, die Bergenie in den Garten zu holen. Und nicht ein handfestes Argument dagegen. Dennoch heißt es noch immer: „Was soll ich mit den Elefantenohren im Beet? Diese derben, langweiligen Blätter, und auch die müden, lilarosa Blüten im April verbreiten wohl kaum frühlingshafte Stimmung.“

Da kommen eine Menge alter Vorurteile zusammen, die doch längst überholt sind. Aber sie sind ebenso langlebig und zäh wie die uralten Bergenienpflanzen aus Omas Garten selbst: Deren Zuwachs wird gerne mit großer Geste über den Gartenzaun gereicht und verhindert so, dass sich der Nachbar einfach mal in der Staudengärtnerei umsieht und die wundervollen Sorten entdeckt, die in jüngeren Zeiten das Sortiment auf schönere Beine stellten. 

Viele schöne neue Sorten

Bergenie_Doppelgaenger
Die Bergenie mit rosa Stängel und Blüten.

Auf Sorten wie ‘Morgenröte’, ‘Silberlicht’ oder ‘Abendglut’ zu treffen, kann dann schon als Lichtblick gelten. Wenngleich auch sie aus den frühen 1950er Jahren stammen. ‘Biedermeier’, ‘Brahms’ und ‘David’ sind nur halb so alt und: halb so bekannt. Blatt oder Blüte? Das ist nicht die Frage. Die Blüten sind größer, die Farben klarer, von Weiß über Rosa bis Pink reicht die Palette.

Das überzeugt noch nicht? Muss es auch nicht, denn in erster Linie ist die Bergenie eine der zuverlässigsten Blattschmuckstauden. Selbst eingeschworene Hosta-Fans werden still, wenn vom wintergrünen, oft sogar winterroten Laub die Rede ist. Mittlerweile scheint es sich auch herumzusprechen, dass die „Elephant Ears“, so der bildhafte englische Name der gutmütigen Pflanze, in keiner zeitgemäßen Pflanzenkomposition fehlen dürfen. 

Robuste Bergenien – in England sehr geschätzt

In England sorgte die begnadete Gärtnerin Beth Chatto mit ihrem mitreißenden Plädoyer „Heiß geliebte Bergenien“ für die Rehabilitation der lange verkannten Staudenheldin. In ihrem Kiesgarten in Essex bepflanzte sie ganze Streifen, teils mehrere Meter lang, mit älteren und neuen Sorten. Von ihr wissen wir auch, dass eine der wenigen Macken, massive Blattschäden in einem extremen Kahlfrostwinter, offenbar weniger zutage treten, je ärmer und trockener der Standort ist. Das erklärt sich gewiss auch damit, dass die knapp gehaltenen Pflanzen eher kernig als massig und damit insgesamt zäher sind. 

Tipps zum Standort

Bewundernswert ist allemal, wie tolerant die Pflanze alle Extreme, von Hitze und Trockenheit bis Schatten und Wurzeldruck meistert. Zu voller Schönheit und Größe läuft das Steinbrechgewächs allerdings wirklich erst auf, wenn es gut mit Wasser und Nährstoffen versorgt ist. So kann man bei ein und derselben Sorte beobachten, dass ihre Blatthorste im kiesigen Boden an der vollsonnigen Südseite des Hauses nur 25 cm hoch wachsen, während sie sich im besser versorgten, eher schattigen Beet einige Meter weiter als halbmeterhohe Blattriesen räkeln, die dann allerdings mangels Sonne eine herbstliche Laubfärbung schuldig bleiben.

Wer eine reiche Blüte schätzt, wählt einen mindestens zeitweise sonnigen Platz. Eine Schwäche sei nicht verschwiegen: die Empfindlichkeit der Blüten gegen Spätfröste. Spätblühende Sorten wie ‘Eroica’, ‘Winterzauber’ oder ‘David’ sind in Spätfrostlagen da manchmal die bessere Wahl. Oder man lässt sich durch Blüten im Herbst entschädigen, die es oft gerade dann gibt, wenn die Frühjahrsblüte einmal ausfiel. Als Besonderheit verdienen die sicher zweimal im Jahr blühenden Sorten Erwähnung. ‘Herbstblüte’ und ‘Doppelgänger’ sind die populärsten.

In mein Herz schlich sich die Bergenie allerdings, abseits all dieser Vorzüge, an einem trüben Novembertag. Für einige schöne Töpfe suchte ich eine farbenfrohe Drittbesetzung für die kargen Winterwochen. Ein paar überzählige, schön rot leuchtende Bergenien hatten das Pech, meine Aufmerksamkeit zu erregen. Sicher war es herzlos, sie jetzt noch auszugraben und in Töpfe zu setzen. Aber nein, nicht die kleinste Schwäche haben sie gezeigt und im Frühjahr sogar geblüht. Wie die tapfere Sorte heißt? ‘David’. Nomen est Omen?

Elke Pirsch

Tipps zum Multitalent Bergenie – Interview mit Wolfgang Härtel

Bei Foerster-Stauden in Potsdam wird sogar der Sammler froh. Mehr als zwanzig Bergenien-Sorten haben die Gärtner im Programm. 

Rund um die Bergenie – Fragen an Geschäftsführer Wolfgang Härtel: 

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Der Garten bei Foerster-Stauden ist voller Bergenien.

Das ist ein enormes Sortiment. Wer braucht denn so viele Sorten?  In alten Zeiten hätten drei Sorten genügt. Sie waren alle recht ähnlich. Aber schauen Sie heute mal hin: Da ist Vielfalt entstanden. Nicht nur bei den Blüten, auch beim Laub – erstklassiger Blattschmuck, meine ich!

… und die Qual der Wahl – haben Sie persönliche Lieblinge?  ‘Frau Holle’: weiße Blüten und roter Kelch stehen in reizendem Kontrast. Besonders große, leuchtende Blüten in Purpurrosa hat ‘Pink Dragonfly’. Sie leuchten über dunkelbraunem Laub. Ein Hingucker. Und ‘Doppelgänger’ blüht im Herbst ein zweites Mal. Die Blütenfarbe harmoniert erstaunlich gut mit den Farben eines Herbstbeetes, nebenan im Foerster-Garten blüht sie mit Sedum ‘Herbstfreude’, Kalimeris und Winterastern.

Die meisten Bergenien-Sorten blühen allerdings im Frühling … Im Frühlingsgarten kann man sie gut mit Zwiebelblumen wie Narzissen oder botanischen Tulpen verbünden. Wenn deren Laub einzieht, sind die Bergenien die Platzhalter. Diese Staude ist ein Multitalent, sie passt eigentlich überall. Auch mit Gräsern lässt sie sich hervorragend verbünden. Wenn man nur endlich mal vom eingefahrenen, alten Klischee „Schattenpflanze“ wegkäme. Die Sonnenplätze sind richtig!

Der Dickmaulrüssler richtet manchmal kräftig Schaden an. Macht er um die Gärtnerei einen Bogen? Nein, die zerfressenen Blätter kennen wir auch. Und das Mittel dagegen: Zweimal jährlich, im Mai und September, gießen wir Nematoden. Das sind winzige Fadenwürmer, sie parasitieren die Larven des Käfers.

Also zweimal mit der Gießkanne durch, und die Plage ist besiegt? Nein, man muss schon dranbleiben! Und am besten andere geschädigte Pflanzen, Rhododendren oder Ligusterhecken zum Beispiel werden häufig heimgesucht, gleich mitbehandeln.

Den Winterschmuck der Bergenien schätze ich sehr. Wie finde ich beste Blattfärber?Gehen Sie im Spätherbst zum Einkaufen in die Gärtnerei. Da sieht man, wie sich die Sorten färben. Und man muss einfach daran denken, dass sich die maximale Laubfärbung nur am sonnigen Standort ausbildet. Im Schatten bleibt das Laub grün, wird größer und anfälliger. Sehr gute und bewährte Blattschmuck-Sorten sind ‘Abendglut’, ‘Rote Schwester’ oder ‘Abendglocken’.

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Das sind die Top-Themen:

  • Blauregen in neuen Sorten
  • Bühne frei für Pelargonien
  • Zucchini: Kürbis für den Sommer
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