Die unglaubliche Zähigkeit der Steinrose ist kein Geheimnis. Bild: fotolia

Voraussichtliche Lesedauer:  4 Minuten

Die Steinrose – Das „Sempervivum- Fieber“

Von GartenFlora

Die unglaubliche Zähigkeit der Steinrose ist kein Geheimnis. Wenn es einer weiteren Bestätigung bedurft hätte, die wäre es gewesen: Auf den Spuren der Geschichte der Stadt Brandenburg besuchte ich die Rolandfigur vor dem Rathaus.

Und prompt sah ich: Vom Kopf des Roland grüßte die Steinrose, ein üppiges Sempervivum-Polster, mich, den geschichtsinteressierten Gärtner. War es ein Pflanzenfreund oder ein Spaßvogel, der die Hauswurz da oben angesiedelt hat? So viel ich sehen konnte, war es die „echte“ Hauswurz, Sempervivum tectorum.

Der Schutzmechanismus der Steinrosen

Die Begegnung mit der Steinrose liegt einige Jahre zurück. Noch weiter zurück liegt eine andere. Im Piringebirge in Bulgarien führte mich ein Klettersteig an einer Felswand hoch.

Meine Halt suchende Hand griff mach oben – in etwas Weiches, Warmes. Erschrocken zog ich die Hand zurück, wich aus, bis ich von oben Einblick hatte: Ein üppiges silbern übersponnenes Sempervivum-Polster wuchs dort auf schmalem Felsband, aufgeheizt von der Sonne.

Da wuchsen sie in freier Wildbahn, die Rosetten von Sempervivum arachnoideum, dem „Silberspinner“. Unter diesen extremen Lebensbedingungen im Fels haben die kleinen, dickfleischigen Rosetten einen besonderen Schutz ausgebildet: Sie tragen an ihren Spitzen helle Fäden, die sich als silbriges Gespinst über jede Rosette legen. Ein Polster aus silbernen Kugeln.

Die Fäden sind ein Licht- und Verdunstungsschutz. Je karger und sonniger der Standort ist, umso heller glänzen die Fäden. Die Spinnweb-Steinwurz, Sempervivum arachnoideum subsp. tomentosum, bildet die schönsten Silberrosetten aus.

Robuste Pflanzenjuwelen

Auch Karl Foerster war in den Bann dieser liebenswerten Pflanzenzwerge geraten. Er beschrieb sie als „in fortwährender Schönheitswandlung begriffene Juwelensammlung“. Die Spinnweb-Steinwurz nannte er „Silbermantelsteinrose“.

Bereits 1936 hatte er aus einem Sämlingsbestand die Sorte ‘Silberkarneol’ ausgelesen, die damals für viel Aufsehen sorgte. Sie ist noch heute im Angebot, ebenso wie die alte Sorte ‘Rheinkiesel’, die allerdings keine Bornimer Züchtung ist.

Um 1981 fügten wir Bornimer Züchter eine weitere Sorte hinzu. Ihre kleinen Tochterrosetten, die „Kindel“, sind als Perlenring um die Mutterrosette angeordnet. Der Name ‘Silberring’ nimmt darauf Bezug. Es freut mich, wenn ich sehe, dass sie von Spezialgärtnereien noch immer angeboten wird.

Von der Sortenvielfalt kann man sich schnell begeistern lassen. Wer vom „Sempervivum- Fieber“ erst einmal angesteckt ist, steht bald vor der Frage: Wohin mit diesen kleinen Juwelen? Am besten sind sie natürlich im Steingarten aufgehoben. Doch es gibt auch viele andere gute Möglichkeiten.

Rosetten für den Zwergengarten

Mit Hochlochziegeln, in deren Löcher wir Erde gefüllt haben, dann in jedes Loch eine junge Rosette, haben wir unsere kleine Sammlung einst begonnen. Angießen, an einen sonnigen Platz stellen, sich selbst überlassen – mehr ist nicht nötig.

Heute geht es in unserem Garten „kultivierter“ zu. Beim Töpfer bekommen wir Hohlkugeln mit kleinen Pflanztaschen, die wir nur noch mit Erde und Tochterrosetten zu bestücken brauchen.

Einem bereits bepflanzten Mini-Steingarten in einer Halbkugel konnten wir nicht widerstehen. Ein Töpfer, der auch Sempervivum-Fan ist, hatte ihn angeboten. Jeder, der einmal bei uns war, kennt diesen lustigen Zwergengarten.

Und unser Keramik-Igel am Wasserbecken wird jedes Jahr neu mit Foersters „Silbermantelsteinrose“ bepflanzt. Junge Pflanzen wachsen besser. Andere Stücke unserer Sammlung bewohnen flache Schalen, die an der Südseite des Hauses stehen, dicht an dicht auf einer Stellage.

Steinrosen überwintern

Die meisten Semperviven sind frosthart. Außer einige großrosettige Sorten, die bei Kahlfrost erfrieren. Da mögen südeuropäische Arten eingekreuzt worden sein.

Unsere Silberspinner-Schalen stellen wir im Winter einfach unter das Vordach am Haus. So stehen sie von November bis Anfang März absolut trocken und überstehen jeden Kahlfrost – wie in ihrer Gebirgsheimat auf blankgefegten Felsbändern oder auf dem Kopf des Brandenburger Roland. Apropos Roland: Irgendwann werde ich schauen, ob die Steinrosen noch immer sein Haupt schmücken.

Dr. Konrad Näser

Untrennbar ist sein Name mit der bekannten Gärtnerei „Karl Foerster“ in Potsdam-Bornim verbunden. Als Züchtungsleiter trat Dr. Konrad Näser nach Foersters Tod im Jahre 1970 in dessen Fußstapfen. Mehr über den Karl-Foerster-Garten erfahren Sie im PotsdamWiki.

» Kenne Sie die Wiesenraute?

Extra-Wissen

Nicht alles, was nach Sempervivum aussieht, heißt auch so. Die Wirbelsteinwurz, Jovibarba, ist eine nahe Verwandte. Es gibt allerdings den einen oder anderen – kleinen – Unterschied. Jovibarba heuffelii bildet keine Tochterrosetten, sondern die Mutterrosette teilt sich in zwei bis drei eigenständige Wirbel. Will man sie vermehren, hilft nur Zerschneiden mit dem Messer.

Viel uriger löst Jovibarba globifera das Vermehrungs-Problem: Die kleinen, kugelrunden Tochterrosetten sitzen der Mutter auf und fallen bei Wind oder geringster anderer Erschütterung einfach herunter. An einem Gebirgshang ist das zur Ausbreitung sehr nützlich! „Abroller“ nennen wir sie liebevoll.

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