Ein unkonventioneller Garten

„Lauter Zierpflanzen in den Garten setzen, einfach nur fürs Auge? So etwas macht man nicht, nur ein Nutzgarten ist ein richtiger Garten“, bemängelten die Schwiegereltern ihre Pläne. Und dass die junge Gartenbesitzerin ihre Beete ohne Geraden, Winkel und Ecken anlegen wollte, sprengte erst recht die Konventionen der Polderbewohner.
Wies setzte sogar noch eins drauf: Entgegen holländischen Gepflogenheiten brachte sie nicht eine einzige Tulpenzwiebel in den Boden. Dafür wartet das 4000 Quadratmeter große Areal mit einer Fülle besonderer Stauden auf, darunter Exoten wie die Kobralilie (Arisaema), Ingwer-Orchidee (Roscoea) und Knabenkraut (Dactylorhiza), oder echte Raritäten, etwa gelber Schöllkrautmohn (Stylophorum), zarte Hänge-Goldglocke (Uvularia grandiflora) oder zäher Rauling (Trachystemon orientalis).
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Faszinierenden Staudenvielfalt

Narzissen leuchten Besuchern nicht aus dem Garten, dafür aber aus der 55 Meter langen Rabatte am Parkplatz hinter den Scheunen entgegen. Dieses Novum niederländischer Gartenkultur kommentierten frisch vom Tulpen-Eldorado Keukenhof angereiste Gäste mit: „Haha, endlich mal keine Tulpen!“
Die Garten-Autodidaktin erinnert sich schmunzelnd: „Am Anfang habe ich alles falsch gemacht. Ich habe Stauden, die im Spätherbst schon eingezogen waren, einfach gekauft und gepflanzt – ohne zu wissen, wen ich da vor mir hatte.“ Aus Fehlern wird man klug: Heute ist die versierte Pflanzenkennerin Vorsitzende des Staudenvereins.
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Effektvolle Kombinationen mit Blattschmuckstauden

Ihrer beträchtlichen Funkien-Sammlung, welche ausgepflanzt die Beete, in Töpfen den Schattensitzplatz schmückt, lässt sie besondere Pflege angedeihen: „Damit sie so üppig wachsen, versorge ich sie mit Kunstdünger, der wegen der Gefahr von Verbrennungen nicht auf die Blätter gelangen darf.
Außerdem verteile ich abgelagerten Pferdemist. Den bestelle ich gleich fuhrenweise zusammen mit Elly von ‚De Goldhoorn Gardens‘ , die im Rahmen der ‚Helleborustage‘ und der ‚Bollenroute‘ ebenfalls ihre Pforten öffnet.“
Übrigens: Der Garten heißt ‚De Stekkentuin‘, weil Wies anfangs nur Ableger und Steckhölzer gepflanzt habe. Mittlerweile gedeihen hier viele Pflanzen so gut, dass sie sie gerne an Besucher abgibt.
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Was es mit dem Wasser auf sich hat

Das Wässern allerdings hat so seine Tücken: Das Brunnenwasser in 40 Metern Tiefe war zu salzhaltig. Deshalb bohrte man noch mal acht Meter tief bis zu einer Süßwasser führenden Schicht.
Wieso eigentlich Süßwasser? Wies klärt uns auf: „Früher war das IJsselmeer viel salzhaltiger. Aber durch den Deichbau wurde es zum Binnenmeer. Es kam kein Nachschub an Salzwasser mehr, und durch Niederschläge sowie Flusswasser wurde es verdünnt und immer salzärmer. Das Salz wurde in tiefere Bodenschichten ausgewaschen.“
Arbeitsteilung bei der Gartenpflege

Dabei waltet die klassische Arbeitsteilung: Ehemann Gerrit übernimmt alle vier bis fünf Tage das Rasenmähen per Benzin-Spindelmäher und einmal pro Monat das Düngen. Regelmäßig sticht er die Rasenkanten sauber nach, entfernt je nach Aufkommen Beikräuter.
Wies hat ein Händchen fürs Pflanzen und Pflegen der Stauden und Frühlingsblüher. Damit ihr die Pflanzen nicht über den Kopf wachsen, teilt sie diese, nimmt Ausläufer ab, gewinnt Stecklinge aus Rückschnitt und gibt sie an Pflanzenfreunde ab. Und so nimmt Wies mit ihrem schönen Frühlingsgarten ohne Tulpen allen Zweiflern den Wind aus den Segeln.
Karin Wachsmuth