Die Blüte der Silberkerze

Voraussichtliche Lesedauer:  4 Minuten

Silberkerze – Ein süßer, schwerer Duft

Von GartenFlora

Ein süßer, schwerer Duft zieht im September durch unseren Garten. Wo kommt der her? Ich brauche nicht lange zu suchen, ich weiß es: Die September-Silberkerze blüht! Sie zieht nicht nur uns an, sondern auch viele Bienen und Schmetterlinge, die ihre schlanken Blütenkerzen ständig umlagern. Es gibt Silberkerzen mit ganz unterschiedlichen Blütezeiten in den Sommer- und Herbstmonaten. Erstaunlich ist, dass nur wenige sie kennen. Vielleicht deshalb, weil Silberkerzen in der Pflege nicht ganz ohne sind.

Silberkerzen leuchten an schattigen Plätzen

Doch etwas Schöneres ist an schattigen Gartenstellen im Spätsommer für mich gar nicht denkbar. Sie verdienen in der Tat mehr Aufmerksamkeit. Aufmerksam wurden vor allem erst einmal wieder meine Freunde von der Botanik. Sie bastelten so lange an den botanischen Namen für die Silberkerzen herum, bis wir praxisverbundenen Gärtner gar nicht mehr wussten, wovon wir reden sollen. Cimicifuga, Actaea oder was? „Zehn Pfund verfitzter Draht“ heißt das bei mir.

Ich bleibe dann eben bei den gut eingeführten und schon von Karl Foerster verwendeten Namen. Er gliederte die Silberkerzen nach ihren Blütezeiten: Juli-, August-, September-, Oktober-Silberkerze. Die entsprechenden botanischen Namen: Cimicifuga racemosa, C. cordifolia, C. ramosa und C. simplex. In dieser Reihenfolge erlebt man sie im Garten. Im Juli fallen zwischen vielen anderen hohen Sommerstauden die schlanken, leicht gebogenen weißen Blütenkerzen von Cimicifuga racemosa kaum auf. Dennoch ist sie im Halbschatten eine elegante Pflanzengestalt. Im August folgen die steifen, hohen Kerzen von Cimicifuga cordifolia, die nach ihrer Blütenform auch Lanzen-Silberkerze genannt wird.

Sorten der Silberkerze

Sie hat in meinem Garten feste Plätze, weil sie die robusteste ist und auch einen sonnigeren Standort verträgt als die anderen. Unter ihren Sämlingen habe ich vor Jahren die grünstielige und reinweiß blühende Sorte ‘Blickfang’ gefunden. Doch für die Prächtigste halte ich die eingangs erwähnte, verlockend duftende September- Silberkerze. Sie wird fast zwei Meter hoch, hat cremeweiße, bis 30 cm lange Blütenkerzen und dekorativ geschnittenes, dunkelgrünes Laub. Mit ihr fängt aber auch der Ärger an. „Wie kommt es, dass deine Silberkerzen zur Blütezeit noch so schöne Blätter haben?“ Die Frage ist mir vertraut, und die einfache Antwort lautet: „Bei Trockenheit kräftig wässern, von Juni bis September.“ Urlaubszeit, Sommertrockenheit und richtig viel Sonne sind die wahren Gegenspieler.

Das gilt auch für die rotblättrigen Sorten, von denen ich mir bessere Trockenheitstoleranz erhofft hatte. Aber auch sie vertrocknen in der Sommerhitze. Dennoch mag ich sie ganz besonders. Vor etwa zwanzig Jahren brachte ich von einer Reise aus Dänemark ‘Brunette’ mit – die erste wirklich rotblättrige September- Silberkerze, Cimicifuga ramosa, mit 150 cm Höhe etwas niedriger als die Art, dafür standfest und ein echter Hingucker!

Mein Erfolgsrezept für Silberkerzen? Wässern, wässern oder wässern lassen. Sommerurlaub und Silberkerzen vertragen sich einfach nicht so gut.

Und die Blüte? Von wegen kräftig rosa. Pustekuchen! Sie blüht cremeweiß, wie die anderen, immerhin mit rosa angehauchten Knospen. Und dann kamen wieder die Botaniker ins Spiel. Cimicifuga ‘Brunette’ tauchte im Web auf. Dort erfuhr ich: Das ist gar keine Cimicifuga ramosa. Es ist eine C. simplex! Und überhaupt: Sie heißt nicht mehr Cimicifuga sondern Actaea, also Actaea simplex ‘Brunette’. Was für ein Durcheinander! Ich begann, auf Pflanzenmärkten weitere Silberkerzen ‘Brunette’ zu kaufen. Vielleicht gibt es verschiedene? Die Angebote waren tatsächlich verschieden in Blattform, Blüte und im botanischen Namen: wieder „zehn Pfund verfitzter Draht“! Nur vom verkaufsfördernden Namen ‘Brunette’ und den angeblich rosafarbenen Blütenkerzen wollte keiner der Anbieter abgehen. Das ist längst Geschichte.

Die zweite Welle neuer Sorten

Es kam eine zweite Welle neuer Sorten, wieder mit vielversprechenden Namen. Meine jüngste Beute war Cimicifuga simplex ‘Pink Spike’. Natürlich erwies auch sie sich als eine „ramosa“. Und sie blüht cremeweiß mit kleinem rosa Schimmer, nichts da von „rosa Spitze“. So setzt sich das fort: Mit ‘Chocoholic’ und anderen Neuen. Und mittlerweile schere ich mich nicht mehr um botanische Exkurse. Fakt ist doch: Jetzt steht uns eine ganze Gruppe langlebiger Silberkerzen zur Verfügung, die ab Anfang September wochenlang den Garten verschönern. Und zum Schluss tritt tatsächlich noch die echte Oktober-Silberkerze, Karl Foersters Cimicifuga simplex ‘Armleuchter’ auf, als späteste blühend, cremeweiß wie alle Silberkerzen und mit verzweigten Blütenständen. Sie ist nicht mehr oft im Handel, hat aber mit der Sorte ‘White Pearl’ ein vollwertiges Pendant bekommen.
Dr. Konrad Näser

Untrennbar ist sein Name mit der bekannten Gärtnerei „Karl Foerster“ in Potsdam-Bornim verbunden. Als Züchtungsleiter trat Dr. Konrad Näser nach Foersters Tod im Jahre 1970 in dessen Fußstapfen.

Durch die Untiefen der Botanik

Es geht im Garten nicht ganz ohne botanische Namen. Weil deutsche Namen manchmal für ganz unterschiedliche Pflanzen in Gebrauch sind. Leider sind einige botanische Namen ins Wanken gekommen, weil neue Forschungen andere verwandtschaftliche Verhältnisse aufgedeckt haben. Typische Beispiele sind Silberkerzen oder Knöterich (Cimicifuga oder Actaea? Polygonum oder Persicaria?). Jetzt muss ich für manche Staude mehrere botanische Namen im Kopf haben. Staudengärtner machen nicht alle Änderungen mit. Sie sehen es pragmatisch: Bestandslisten, Kataloge und Etiketten werden einfach zu schnell unbrauchbar. Von irritierten Kunden mal ganz abgesehen. Gefällt mir!

Praxis-Tipp: Jeder Garten hat feuchte Plätze

Im Juli und August ist der Wasserbedarf der Silberkerzen besonders hoch. Um nicht gar so oft gießen zu müssen, habe ich einige in die Nähe eines Wasserbeckens gepflanzt. Und siehe da: Dort gedeihen sie besser, als auf einem Hügelchen nebenan.

Vergessenes Kleinod

Cimicifuga dahurica gehört zu den August-Silberkerzen, hat aber kaskadenartig verzweigte Blütenstände, natürlich cremeweiß. Bei mir schwächelt sie etwas, aber auf lehmigeren Böden habe ich sie schon bis zwei Meter hoch gesehen – einfach prachtvoll! Sie ist die einzige zweihäusige Silberkerze: Es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Die männlichen sind die schöneren! Das erkennt man aber nur zur Blütezeit. Die Staudengärtner vermehren längst nur noch männliche Pflanzen.

Die Top-Themen der Mai-Ausgabe:

1. Blauregen in neuen Sorten

Wisterien – auch Blauregen oder Glyzinien genannt – sind kostbare Kletterer, die unsere Gärten mit edlen Blütenkaskaden schmücken. Bisher kaum gekannte Sorten erweitern nun das Sortiment.

2. Bühne frei für Pelargonien

In Kübeln, Körben und Kisten zeigen Pelargonien ihr Deko-Talent – und das ganz ohne Allüren. Die schönen Dauerblüher, auch als Geranien bekannt, sind robust und pflegeleicht.

3. Zucchini: Kürbis für den Sommer

Wer Zucchini kennt, weiß um deren Schwemme ab Juli. Ganz vermeiden lässt sich die „grüne Welle“ nicht, aber gut in den Griff bekommen: Einfach öfter ernten – und genießen!

 

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